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Jaguar Land Rover

Elektro ist Trumpf

20. März 2021

Der frühere Renault-Chef Thierry Bolloré ist seit einem halben Jahr CEO von Jaguar/Land Rover. Und er lässt keine Zeit verstreichen, um seine Vision für die britischen Traditionsmarken zu verwirklichen.

Noch vor drei Jahren war Jaguar als erster Tesla-Jäger in aller Munde. Die Briten lancierten mit dem I-Pace den ersten Edel-Stromer mit rund 500 Kilometern Reichweite. Dafür gabs die prestigeträchtigen Titel «Schweizer Auto des Jahres 2019» und «Car of the Year 2019». Seither wurde es abgesehen von ein paar Plug-in-Hybrid-Modellen ruhig um Jaguar und Schwestermarke Land Rover. Kein Wort zur weiteren Elektro-Zukunft. Dazu belasten Brexit und Corona das Geschäft: 2020 brach der Absatz um 23 Prozent auf unter 430‘000 Fahrzeuge ein.

Doch jetzt ist klar: Jaguar wird umgebaut – zur reinen Elektro-Luxusmarke! Ab 2025 wird Modell für Modell mit batterieelektrischem Antrieb neu lanciert. «Wir denken unser ganzes Geschäft neu», sagt CEO Thierry Bolloré (57), der Ende 2019 als Chef von Renault gehen musste und JLR erst seit Oktober 2020 leitet. Auch bei Land Rover: Hier werden ab 2024 sechs rein elektrische Varianten lanciert – wohl für alle Modelle mit Ausnahme des Discovery Sport, der zugunsten des technisch ähnlichen Evoque laut «Auto Motor und Sport» wohl keinen Nachfolger erhält. Aktuelle Modelle werden aber bis zum Ende ihres geplanten Lebenszyklus weitergeführt.

Der Zeitplan zur Elektrifizierung ist ähnlich ehrgeizig wie bei General Motors: Ab 2026 streicht man bei Jaguar und Land Rover den Diesel, ab 2030 sollen alle Jaguar und 60 Prozent der Land Rover-Modelle rein elektrisch unterwegs sein. Im Jahr 2036 ist ganz Schluss mit Verbrennern, und bis 2039 soll die ganze JLR-Group komplett CO2-neutral wirtschaften. Weil gerade für grosse Gelände-SUVs wie Defender und Discovery rein elektrischer Antrieb nicht ausreichen dürfte, setzt Land Rover auf Wasserstoff: Noch dieses Jahr sollen erste Prototypen mit Brennstoffzelle auf Testfahrt gehen.

Nach seinem Einstieg lässt der Franzose Bolloré offenbar keinen Stein auf dem anderen: An sich war für Ende 2021 die Präsentation einer elektrischen Luxuslimousine als Ersatz für den Jaguar XJ geplant. Bolloré stoppte das Projekt. Zu gering seien die zu erwartenden Stückzahlen; schliesslich seien auch Konkurrenten wie Mercedes S-Klasse oder BMW 7er keine Massenautos. Zwar mochte Bolloré einen neuen XJ nicht ausschliessen, Priorität haben jetzt aber massentauglichere Modelle.

Statt mit hohen Stückzahlen und möglichst tiefen Kosten Gewinne einzufahren, setzt Bolloré auf Profit aus Nachhaltigkeit und höchstmöglicher Qualität. Er will weitestgehend keine Gleichteil-Strategie bei Jaguar und Land Rover fahren, sondern künftig auf unterschiedliche Plattformen setzen: Jaguar auf die elektrische, Land Rover auf eine kombinierte für E- und Verbrenner-Antrieb sowie eine weitere E-Plattform.

Bei seinem Strategiewechsel hat Bolloré nicht nur die Modellpalette im Blick, sondern will auch eine rationellere Entwicklung und Produktion sowie neue Geschäftsfelder: «Services, die wir uns jetzt noch gar nicht vorstellen können.» Dazu sollen Synergien mit JLR-Konzernmutter Tata genutzt werden. Der indische Gigant bietet in seinem Stammland von Tee bis Stahlträger alles an, was man täglich braucht – und ist auch in der Big Data, Kommunikation und Informationstechnologie tätig. Statt über externe Kooperationen mit Google & Co. könnte JLR die Digitalisierung so intern umsetzen. «Unser Potenzial ist grenzenlos», sagt Bolloré.

Gleichzeitig setzt der Franzose aber auch weiterhin auf die Tradition des britischen Autobauers. Seit einigen Jahren bietet die Abteilung Special Vehicle Operations nach alten Prinzipien gefertigte Neuauflagen legendärer Jaguar-Modelle für einen nicht aufs Preisschild schauenden Kundenkreis an. Bolloré möchte das ausbauen. Der Umbau von JLR soll jährlich mit umgerechnet rund 3,1 Milliarden Franken zu Buche schlagen. Auch das dürfte ohne den Mutterkonzern Tata nicht zu stemmen sein.

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